Freiheit
Wenn „frei sein“ heißt: halt’ die Klappe,
denn ich habe etwas zu sagen
Wenn „frei sein“ heißt: du hinter Gittern, denn
so brauchen wir keine Angst zu haben
vor all deinem Anderssein und -tun und anderes lassen
Wenn „frei sein“ heißt: den morgigen Tag
streng festlegen, indem man den heutigen Tag
etwas weniger Tag sein lässt
Wenn „frei sein“ heißt: die Tür schließen
und am Bildschirm frei anschauen,
was sicher aus der Nähe sein muss
Wenn „frei sein“ heißt: immer ruhig schlafen,
weil anderen ihre Zunge mutwillig
genommen ist
Wenn „frei sein“ heißt: essen, was und wann du willst,
aber die Schalen in die Zeitungen fallen lassen,
in denen der Hunger verschwiegen wird
Wenn „frei sein“ heißt: nicht wissen müssen, was mich
frei gemacht hat, mich frei hält, mich
in Freiheit jeden Tag gefangen nimmt
Wenn „frei sein“ heißt: warten bis der andere
mich von Ängsten befreit,
auf die ich heilig vertraue
Wenn Freiheit meine Gedanken pflastert
Wenn Freiheit um mich herum, überall rundum
und in mir weht,
aber für dich nicht zu fangen ist
Wenn Freiheit mich schützt
vor deinen Ideen, die für mich zu
anders sind
Wenn Freiheit mir heute so
selbstverständlich scheint und du nicht
weißt, was das heißt
Dann ist Freiheit Zahl für mich
und Kopf ab für dich
Dann ist Freiheit Luft und willkürlich
Aber steht es mir vielleicht schon frei,
etwas von meiner herrlichen Freiheit – in
gegenseitigem Einverständnis natürlich –
zeitlich oder für längere Dauer
abzutreten, um dich
von meiner erstickenden Freiheit
zu befreien.
Marion Bloem
German translation by Stijn Vanclooster
From original poem “Vrijheid” (Freedom) by Marion Bloem